biovital®Bewegungs-Parcours Bad Füssing
Prof. Dr. med. Wolfgang Schnizer, München und Gerhard Winklhofer, Bad Füssing

Im Mai 2004 ist der nach ca. 2-jähriger Bauzeit nunmehr fertiggestellte Bad Füssinger Wirbelsäulen-Therapiepfad unter regem öffentlichen und medialen Interesse eingeweiht und seiner Bestimmung übergeben worden. Die Anlage, die durch Initiative des Bad Füssinger Instituts zur Erforschung von Behandlungsverfahren mit natürlichen Heilmitteln e.V. in Zusammenarbeit mit der Gemeinde zu Stande kam, versteht sich als ein in freier Natur realisierter Übungs- und Trainingsparcours für Patienten und andere Gäste im Sinne eines ergänzenden bewegungstherapeutischen Angebots. In Konzeption und Gestaltung bedeutet diese Anlage für Kur- und Erholungsorte eine Innovation mit Modellcharakter. 

Hintergrund der Entstehung des Projekts:

Körperliches Training, Bewegungs- und Sporttherapie sind heute in der Präventions-
und Rehabilitationsmedizin etablierte Verfahren. Es besteht kaum mehr eine medizinische Fachdisziplin, die sich nicht deren Methoden und Programme bedient. Zudem besteht Konsens in der positiven Bedeutung, die generell von körperlichem Training und Bewegungsaktivität für die physische und psychische Gesundheit ausgeht, so dass die gesundheitspolitischen Forderungen nach einer körperlich aktiveren Lebensweise in unserer eher von Bewegungsmangel geprägten Zeit verständlich und auch angebracht sind. Es ist legitim, hier nach weiteren Wegen zu suchen oder Fortentwicklungen anzuregen.

In den Kurorten sind bewegungstherapeutische Angebote Tradition, wie z.B. in Form der Terrainkuren, und immer wieder werden auch neuere bewegungs- und sporttherapeutische Formen umgesetzt. Die derzeitige Welle des Nordic-Walking sei als Beispiel angeführt. Abgesehen davon, finden sich in fast allen Reha-Kliniken, in vielen Beherbergungsbetrieben und bei niedergelassenen Physiotherapeuten apparative Einrichtungen, mit denen im Sinne der Medizinischen Trainingstherapie gearbeitet wird. Gerade im Bereich von Erkrankungen der Bewegungsorgane haben Letztere einen hohen Stellenwert.

Auch kennen wir seit langem meist im Außenbereich der Kommunen installierte sogenannte Trimmanlagen, wie z.B. Trimmpfade, Fitnessparcours u.ä., die aber erfahrungsgemäß ein eher randständiges Dasein führen und sich für Kranke wenig eignen. Sie lassen sich daher selten in medizinische Konzepte sinnvoll einbauen. Hier nun setzt der Grundgedanke des Bad Füssinger Wirbelsäulen-Therapiepfads an, durch geeignete Weiterentwicklungen in der freien Natur bewegungs- und sporttherapeutische Einrichtungen zu schaffen, mit denen sich gezielt bewegungstherapeutische Pläne umsetzen lassen, und die auch modernen trainingsmethodischen Kenntnissen gerecht werden.

Konzeption und Zielsetzungen:

Die Anregung zu einem solchen bewegungstherapeutischen Parcours ging vom Bad Füssinger Forschungsinstitut aus und liegt schon mehrere Jahre zurück. Erst als die Gemeinde Bad Füssing Interesse bekundete und die Finanzierung sichern konnte, war an eine konkrete Planung zu denken. In der Folge wurde eine Arbeitsgruppe gegründet, die sich aus sportmedizinisch interessierten Personen zusammensetzte (Ärzte, Physiotherapeuten, Sportlehrer, Kurverwaltung), deren konkrete Entwürfe für die praktische Umsetzung herangezogen wurde, die dann Schritt für Schritt erfolgte.

Wichtig schien die Überlegung, für die Anlage sowohl eine ansprechende Form auf einem geeigneten Bauareal zu finden, als diese vielseitig mit zweckgerichteten Gerätschaften im Sinne von Übungs- und Trainingsmitteln auszurüsten, die zudem neuere sportwissenschaftliche und sportmedizinische Kenntnisse berücksichtigen. Möglichst originelle und phantasievolle Produktfertigungen sollten angestrebt werden, die auch psychologische Faktoren zur Geltung bringen. Dahinter verbirgt sich vor allem die Vorstellung, dass von einer attraktiv gestalteten Anlage eine gute Akzeptanz, sowie eine hohe Motivation zur Nutzung ausgeht, die sich vielleicht auch in mehr Eigeninitiative im Bewegungsverhalten niederschlagen. Hierzu beitragende Maßnahmen gehören zu wichtigen pädagogischen Elementen.

Die Bewegungs- und Sporttherapie stellt im Kurort einen wesentlichen Teil der Behandlungskonzepte dar, in Thermalkurorten wohl die wichtigste Ergänzung zu den balneologischen Maßnahmen. Hier findet gerade auch der ältere Mensch Berücksichtigung. Wichtige Therapieziele sind die Wiederherstellung belastbarer Organsysteme, z.B. nach Operationen und Erkrankungen, oder der Erhalt von Funktionsfähigkeit und Belastbarkeit, die rasche Wiedererlangung der Berufstätigkeit 
und Verbesserung der Bewegungsfunktionen für den Alltag. Im Zentrum steht hier sicherlich der orthopädisch-rheumatologische Indikationskreis, aber auch eine Reihe weiterer Krankheitsgruppen profitiert von gezielten Trainingsmaßnahmen. Das setzt natürlich ein geeignetes Inventar und kompetente Betreuung voraus.

Die Bezeichnung "Wirbelsäulen-Therapiepfad" mag die Vorstellung induzieren, dass die Anlage in erster Linie den Wirbelsäulenerkrankungen gewidmet sei. Der Terminus ist zunächst während der Planungsphase als Arbeitstitel verwendet und später dann belassen worden. Sicherlich will er der in Bad Füssing starken Gruppe von Rückenpatienten besonders Rechnung tragen, jedoch ist er auf Grund großer methodischer Vielfalt für ein breiteres Indikationsspektrum angelegt. In der Behandlung von Wirbelsäulenerkrankungen spielen aktive und passive Physiotherapie sowie balneotherapeutische Verfahren eine wichtige Rolle. Für einen Großteil der Patienten bedeutet ein Muskeltraining, z.B. der Rumpfmuskulatur, eine notwendige Behandlungsmethode. Auch wenn häufig Schadensbilder im Stütz- und Bewegungsapparat angesprochen werden, der Wirbelsäulen-Therapiepfad bietet auch geeignete Möglichkeiten für ein therapiebezogenes Üben und Trainieren bei internistischen Krankheitsbildern, wie z.B. Herzkreislauf- und Stoffwechselerkrankungen, wo Elemente eines Trainings auf Ausdauer erfolgreich eingesetzt werden. Darüber hinaus können der in seiner Gesundheit weniger beeinträchtigte Kur- oder Feriengast, ebenso wie der nur sportlich und an Fitness Interessierte, oder Gäste, die im präventiven Sinne ein Gesundheitstraining durchführen möchten, oder einfach mal auf eine andere Art bewegungsaktiv sein wollen, die Einrichtungen des Parcours in Anspruch nehmen.

Gestaltung des biovital®Bewegungs-Parcours:

Zu einem wesentlichen planerischen Grundsatz gehörte, dass die Anlage in die besondere Atmosphäre eines schönen Stücks freier Natur eingebettet sein sollte. In diesem Zusammenhang bot sich in idealer Weise ein Areal des Bad Füssinger Freizeitparks an, das zudem durch seine Lage für das Publikum gut erreichbar ist. Hier ließ sich der Plan, in 4 Pavillons in Holzbauweise Übungs- und Trainingsgeräte unterzubringen, sowie die Pavillons durch weitere Gerätestationen zu verbinden, gut umsetzen. Das bedeutete zunächst die Schaffung einer Infrastruktur, z.B. Wege, Fundamente, Pavillonbau, Zaun und gärtnerische Arbeiten, die von örtlichen Partnern (Bauamt, Bauhof, Kurgärtnerei, Baufirmen) vorgenommen wurde.

In der Planung und Gestaltung der Übungs- und Trainingsgeräte bzw. Gerätestationen sind wir neue Wege gegangen, vor allem im Hinblick auf die genannten Absichten, bei den Besuchern der Anlage eine hohe Motivationsförderung bewegungsaktiv zu werden, auszulösen. So waren spielerische Elemente erwünscht, die Bewegungsaktivitäten sollten mit Spass und Freude verbunden sein, vielleicht 
sogar ein Erlebnischarakter spürbar werden. Deshalb musste es darum gehen, weniger kommerzielle Produkte, etwa nach Art eines Fitness-Studios, in den Parcours aufzunehmen, sondern in erster Linie Neuentwicklungen nach den Vorstellungen und Ideen der Arbeitsgruppe Raum zu lassen. Um das Spielerische und den Erlebnischarakter zu betonen, machten wir auch Anleihen aus dem Sektor Abenteuerspielplatz. Sofern Eignung der Gerätschaften bestand, was meist erst nach Adaptation oder baulichen Modifikationen der Fall war, wurden diese im Wirbelsäulen-Therapiepfad eingesetzt. Von den derzeit 30 Objekten des Geräteinventars entsprechen nur 5 Exemplare nicht solchen Neuentwicklungen oder Abwandlungen, was also einen hohen innovativen Anteil ausmacht. Auf Grund dieser Gesamtstruktur lässt sich der Bad Füssinger Wirbelsäulen-Therapiepfad auch als eine Mischung von Outdoor-Fitness-Studio und Abenteuerspielplatz für Erwachsene kennzeichnen.

Etwa die Hälfte der Übungs- und Trainingsgeräte ist in den Pavillons untergebracht. Ihre Konstruktion, ebenso wie die der Outdoor-Einrichtungen, orientiert sich vor allem an den in der sogenannten Medizinischen Trainingstherapie verlangten Funktionsweisen, die auch bewegungstherapeutische Prinzipien einschließen. Hier wird üblicherweise eine Differenzierung nach Bewegungseigenschaften, wie Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit und koordinative Fähigkeiten, vorgenommen. Sie und dahinter stehende zahlreiche Organfunktionen sollen im Übungs- und Trainingsprozess positive Auswirkungen erfahren. In diesem Zusammenhang sind die Pavillons schwerpunktmäßig nach jeweils einer Bewegungseigenschaft eingerichtet und benannt worden. Alle sind mit einer Beschilderung versehen, aus der über anschauliche Grafiken und Übungsbeschreibungen Sinn und Zweck der verschiedenen Bewegungsaktivitäten hervorgeht. Über deren gesundheitliche Auswirkungen wird auf verständliche Weise informiert.

In der Konstruktion der Übungs- und Trainingsgeräte wurde viel Mühe darauf verwendet, möglichst originelle und spielerische Komponenten einzuplanen, nicht zuletzt, um einen gewünschten Complianceeffekt zu vermitteln. Vergnügliche Bewegungsaktivitäten sind sicherlich mit einer guten Motivation verbunden. In diese 

Richtung zielen auch die in eine Reihe von Geräten eingebauten Feedback-Mechanismen, d.h. zum Beispiel optische Rückmeldungen der ausgeübten Bewegungsaktivitäten. Davon kann ein eigener Motivationsreiz ausgehen. Dabei war immer die anerkannte trainingsmethodische Grundlage zu berücksichtigen. Als eine weitere Besonderheit ist die Konzeption hervorheben, wonach in einem Teil der Einrichtungen gleichzeitig mehrere Bewegungseigenschaften angesprochen sind, was in komplexen, mehrdimensionalen Bewegungsabläufen, wie sie z.B. in der Alltagsmotorik vorkommen, manifest wird.

Die Entwicklung und Herstellung eines Großteils der Geräte im Sinne von Unikaten bedeutete einen erheblichen Aufwand an Arbeit und Kosten. Gerade was die technisch - materiellen Voraussetzungen anging, war eine Zusammenarbeit mit vor allem regionalen Partnern unverzichtbar (Handwerker, Technische Betriebe, Ingenieurbüros, Bauamt). Auch die Werkstätten der 3 großen Reha-Kliniken von Bad Füssing haben einen wertvollen Beitrag geleistet. Es bestand allzeit eine engagierte und reibungslose Zusammenarbeit. Dabei ging es auch darum, der Robustheit, Stabilität, Wetterbeständigkeit und Sicherheit der Geräte Aufmerksamkeit zu schenken. Der Sicherheitsaspekt ist vom TÜV München beurteilt worden, eine 
wichtige Voraussetzung für die Gemeinde, um für die Anlage eine Unfallversicherung abschließen zu können.

Nutzung des biovital®Bewegungs-Parcours:

Vom TÜV ist aus Sicherheitsgründen eine Umzäunung der Anlage ebenso wie eine Betreuung durch Fachkräfte (Physiotherapeuten, Sportlehrer) gefordert worden. Der Parcours ist deshalb für Besucher nicht frei zugänglich, auch nicht für Kinder zugelassen. Da Fachkräfte eingesetzt werden, ist sowohl eine sachgerechte Anleitung zu den vielseitigen Übungs- und Trainingsmöglichkeiten als auch die Kontrollfunktion gesichert. Das Erstellen von Trainingsplänen im Hinblick auf indikationsspezifische Übungskombinationen gehört ebenfalls in den Aufgabenbereich des betreuenden Personals. Von der technischen und baulichen Seite her sind regelmäßige Kontrollen vorgesehen, für welche die kommunalen Handwerker zuständig sind.

Im Rahmen des Gesundheitsförderungsprogramms der Kurverwaltung werden hier u.a. Kurse wie z.B. Muskelfunktionstraining, Wirbelsäulengymnastik, Herz-Kreislauf-Training und Osteoporosegymnastik durchgeführt. In diesem Zusammenhang werden von der Kurverwaltung auch Kooperationen mit verschiedenen Vermieterbetrieben, Kliniken, Thermen und Krankenkassen angestrebt.

Detailinformationen über Nutzungsmöglichkeiten und Kostenbeteiligungen der Krankenkassen
erhalten Sie im
Kur- & GästeService Bad Füssing
Gesundheit ServiceCenter
Rathausstr. 8
94072 Bad Füssing
Tel.: 08531 975 510
Fax: 08531 975 519
E-Mail: gesundheit@badfuessing.de
Internet: www.badfuessing.de

Autor:
Prof. Dr. med. Wolfgang Schnizer
Landsberger Str. 369
80687 München
Tel.: 089 / 581108

Institut zur Erforschung von Behandlungsverfahren mit natürlichen Heilmitteln e.V. Bad Füssing
Vorsitzender: Univ.-Prof. Wolfgang-F. Beyer
Geschäftsstelle: Gerhard Winklhofer, Kur- & GästeService Bad Füssing, Rathausstr. 8, 94072 Bad Füssing, T. 08531 975-510, F. 08531 975-519, gwinklhofer@badfuessing.de